Japansägen im Test – Eine Glaubensfrage?

Handwerkzeuge, Testberichte, Werkzeugkunde, Wissenswertes

Ja, die Diskussion kennt garantiert jeder der mit Holz arbeitet: Sind die aus dem fernen Osten importierten, sogenannten Japansägen der nächste Schritt in der Evolution oder nur viel Rauch um Nichts? Wenn man das Thema in der Werkstatt anschneidet oder sich in den einschlägigen Foren umsieht muss man konstatieren, dass sich die beiden Lager beinahe unversöhnlich gegenüberstehen.
Japansägen
Auf der einen Seite die „Old-school”, die glaubt, dass Japaner von Sägen auch nicht viel mehr verstehen als von Autos und auf der anderen Seite die Fortschrittsgläubigen, die zum Einsatz der Feinsäge auch gleich die Bohrwinde und den Drillbohrer empfehlen.

Aber seid unbesorgt, hier erfahrt ihr die ganze Wahrheit: In meiner Miniserie über Handsägen fühlen wir den verschiedenen Modellen mal auf den (Säge-)zahn. Wir erklären die Besonderheiten der Japansägen, wenden uns dann den europäischen Handsägen zu, behandeln im dritten Teil separat Gartensägen und dann gibt’s zum Schluss noch mein persönliches Fazit inklusive Preisvergleich und Kauftipps.

Gut erzogen wie wir sind starten wir beim Testbericht mit unseren asiatischen Freunden im Land der aufgehenden Sonne…

Die Japansägen

Der Begriff Japansägen ist zunächst etwas irreführend da es sich hierbei nicht um ein bestimmtes Werkzeug handelt sondern vielmehr um eine Familie ganz unterschiedlicher Sägen.

Die einzige Gemeinsamkeit und zugleich der grundlegende Unterschied zu europäischen Sägen besteht darin, dass die Nokogiri ausschließlich auf Zug arbeiten, alle herkömmlichen Sägen dagegen auf Stoß oder Stoß und Zug.

Da die Kraft also beim Ziehen aufgewendet wird, entfällt die Gefahr der Stauchung des Blattes welches daher auch dünner ausgeführt werden kann. Das bedeutet dünnere Schnitte bei weniger Kraftaufwand.

Es gibt noch einige weitere spezielle Japansägen aber im Prinzip sind in Europa hauptsächlich drei Typen im Handel welche ich kurz vorstellen möchte.

Die Dozuki – Eine feine Sache

Einseitig verzahnt, mit durchgehendem Rücken wird sie hauptsächlich für Querschnitte genutzt.Da die Aussteifung des Blattes über den Rücken erfolgt, kann sie in 0,3 mm Blattstärke ausgeführt werden, mit Schränkung bleibt man also trotzdem noch unter 0,5 mm Schnittbreite.

Vorteile:

  • Erstaunliche Schnittgüte daher auch ideal für Zinkungen
  • Die erhöhte Blattsteife erleichtert gerade Anfängern das Arbeiten gehörig

Nachteil:

  • Die maximale Schnitttiefe liegt nur bei etwa 40 bis 50 mm

Die Ryoba – Der Allrounder

Die einzige, mir bekannte, Säge mit einer Doppelverzahnung überhaupt. Ein genialer Einfall: Eine Seite der Ryoba besitzt eine Trapezverzahnung für Schnitte quer zur Holzfaserrichtung und Harthölzer, die andere ist mit einer Dreiecksverzahnung für Längsschnitte ausgestattet.

Die führenden Händler bieten Modelle mit bis zu 300 mm Blattlänge an. Somit sind diese Japansägen auch perfekt für Zimmermänner und Dachdecker geeignet. Dicke Balken oder Bohlen lassen sich erstaunlich schnell bearbeiten.

Vorteil:

  • Tiefe und lange Schnitte in alle Holzwerkstoffe möglich

Nachteil:

  • Das lange und extrem breite Blatt (bis 120 mm) neigt noch stärker zum Knicken als die anderen vorgestellten Japansägen.

Die Kataba – Ein starkes Stück

Eine rückenfreie Säge mit Dreiecksverzahnung für tiefe Längsschnitte in Leim,- Massivholz und Verbundmaterialien. Durch den verkürzten Rücken ist hier eine größere Blattstärke nötig um genügend Steiffigkeit zu erreichen.

Vorteil:

  • Unbegrenzte Schnitttiefe und sehr handlich

Nachteil:

  • Als Solitär nicht zu gebrauchen, es sei denn man möchte nur Längsschnitte ausführen

Wissenswertes zu Japansägen

Abschließend noch ein paar Tipps die für alle erwähnten Typen von Japansägen Gültigkeit haben:

  1. Nicht an Ungeübte verleihen, ihr bekommt sie kaputt zurück! Das klingt jetzt nicht besonders kollegial aber ich spreche aus Erfahrung. Das Arbeiten auf Zug bedarf einer gewissen Gewöhnung, die Blätter sind extrem dünn und der leiseste Druck oder ein hektisches Verreissen führen unweigerlich zum Verbiegen oder Brechen.
  2. Unterschätzt nicht die Güte der Verzahnung, man schneidet sich schnell und tief (hier spricht leider auch die eigene Erfahrung).
  3. Durch die geringe Schränkung kann man die Richtung seines Schnittes kaum korrigieren. Das ist zwar von Vorteil da die Sägen so nicht verlaufen aber einmal falsch angesetzt und ihr könnt kaum noch was retten.
  4. Übt erstmal mit ersetzbarem Material, dabei meine ich sowohl Säge als auch Werkstück. Kauft euch nicht sofort das Flaggschiff eures Händlers, auch günstigere Modelle ermöglichen präzises Arbeiten. Kalkuliert mal mit ein, daß ihr euer erstes Blatt ruinieren werdet, da würde ich den finanziellen Verlust im Rahmen halten.

Jetzt seid ihr gefragt. Zu welcher „Fraktion” gehört ihr? Sind Japansägen Top oder Flopp? Hinterlasst einfach einen Kommentar weiter unten.

Lesen Sie hier den nächsten Teil: Die westlichen Sägen.

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