Edelstahl bohren – so gelingt es!

Materialkunde, Wissenswertes

Bohren in Edelstahl mit HSS-E

Sie versuchen in Edelstahl zu bohren und der Bohrer raucht Ihnen ab ohne, dass ein Bohrloch gelingt. In Edelstahl zu bohren ist gar nicht so schwer – die richtige Technik und das richtige Werkzeug schon gelingt die Edelstahlbohrung.

Edelstahl Bohren

Was ist Edelstahl?

Bevor wir zum Bohrkünstler mutieren und zum Edelstahlbohrer-Profi werden, noch kurz ein wenig Fachwissen. Alle Metalle haben verschiedene Materialeigenschaften, welche sich auf das Bohrverhalten auswirken. Bei Edelstahl handelt es sich um eine Legierung, die aus einem Metallgemisch besteht, welches einen Mindestanteil Eisen aufweist. Die Legierungen sind je nach Zusammensetzung unterschiedlich schwer oder leicht zu bohren. Nicht alle Edelstahlsorten sind gleich, daher finden Sie auf eben genannten Link die genauen Materialzusammensetzungen der einzelnen Edelstahlklassen. Wie bereits erwähnt enthält Edelstahl diverse chemische Elemente wie:

  • Chrom (Cr)
  • Kupfer (Cu)
  • Molybdän (Mo)
  • Niob (Nb)
  • Nickel (Ni)
  • Titan (Ti)

Je nachdem wie die Zusammensetzung ist, verändert sich die Härte, Zähigkeit, Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit und weitere für das Bohren nicht relevante Eigenschaften wie beispielsweise die Säurebeständigkeit.

Unterschiedliche Bohrer – unterschiedliche Eigenschaften

Bohrer unterschieden sich nicht nur im Typ, sondern auch in den Beschichtungen und Legierungen. Aber keine Sorge, das Ganze ist schnell erklärt.

Bohrerbeschichtungen

  • Titan-Nitrid TiN
  • Titan-Carbon-Nitrid TiCN
  • Titan-Aluminium-Nitrid TiAlN

Bohrerlegierungen

  • CV-Bohrer: Chrom-Vanadium
  • HSS-Bohrer: Hochleistungssschnellschnittstahl (Schnellarbeitsstahl)
  • HSS-E und HSS-Co-Bohrer: Kobalt veredelt

Bohrertypen

  • normale Werkstoffe: Typ N
  • weiche Werkstoffe: Typ W
  • harte Werkstoffe: Typ H

Welcher Bohrer ist der richtige für Edelstahl?

Bei Edelstahl kommt in der Regel ein Spiralbohrer für Metall des Bohrertyps H zum Einsatz, da es sich bei den meisten Edelstahlarten um einen zähharten Werkstofftypen handelt. Hierbei kommt in der Regel die Legierung HSS, Hartmetall oder CV zur Anwendung. Wer auf Nummer sicher gehen will nimmt einen HSS Bohrer aus Hartmetall. Diese sind besonders verschleißfest und können gut mit hartem Material umgehen. Wenn Sie einen gewöhnlichen Bohrer verwenden wir dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit verglühen. Bohrer aus Hartmetall haben in den meisten Fällen eine besondere Beschichtung:

  • Titannitrid – golden
  • Titancarbonnitrid – braunschwarz
  • Titanaluminiumnitrid – lila

Die beste Wahl beim Edelstahl bohren ist ein HSS-E Bohrer. Dieser ist Kobalt-beschichtet und überzeugt in der Praxis nicht nur durch eine extrem lange Lebensdauer, sondern auch durch schnelle Schnittgeschindigkeit und hohen Vorschub. Darüber hinaus unterbindet Kobalt das Festschweißen und Verkleben von Bohrer und Werkstück.

Welches Werkzeug für Edelstahl bohren?

Neben dem bereits erwähnten Bohrer brauchen Sie noch weiteres Werkzeug, welches Sie garantiert in unserem Bohrershop bekommen!:

  • Spiralbohrer HSS
  • Hand- oder stationärer Bohrer
  • Stahlhammer
  • Körner
  • Schneidöl oder Emulsion
  • Marker
  • Zollstock
  • Rundfeile

Werkzeug Edelstahl Bohren

Beim Werkzeug sei gesagt, dass der Bohrer der zum Einsatz kommt, nicht vorher schon mal bei anderem Stahl verwendet sein sollte, da es ansonsten vorkommen kann, dass sich daran Partikel des alten Stahls festgesetzt haben und es das Material angreift (korrodiert). Wählen Sie den passenden Spiralbohrer, fast jeder Bohrerhersteller stellt umfangreiche technische Daten für die richtige Wahl des HSS Bohrers zur Verfügung. Unser Tipp: Nehmen Sie einen HSS-E Bohrer, dieser ist besonders unempfindlich.

Sie können mit einem Handbohrer oder einem Standbohrer arbeiten. Wir empfehlen im Idealfall einen Standbohrer mit automatischer Kühlvorrichtung, so vermeiden Sie mit Sicherheit, dass der Bohrer zu glühen beginnt.

Ein Hammer fehlt noch, im Normalfall nehmen Sie einen gewöhnlichen Stahlhammer, wobei sich eigentlich jeder Hammer (bis auf Gummihammer) für diesen kurzen und einfachen Arbeitsschritt eignet.

Bei der Wahl des Körners müssen Sie eigentlich nur auf die Größe achten.

Kühlen ist extrem wichtig!

Sie können, sofern Sie keine automatische Kühlvorrichtung nutzen, zu Schneidöl (auch bekannt als Bohröl) greifen. Aber auch eine Kühlschmieremulsion kann verwendet werden. Hauptsache Sie denken daran überhaupt einen Kühlschmierstoff zu nutzen, so sorgen Sie nicht nur dafür, dass die Bohrung sauber und einwandfrei gelingt, sondern erhalten Ihren Bohrer auch auf Dauer. Der Kühlstoff minimiert nicht nur die Reibung zwischen Edelstahl und Spiralbohrer und senkt damit die Temperatur, sondern er spült die Edelstahlspäne weg. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass sich die Oberflächengüte erhöhen kann.

Mit einem einfachen Marker markieren Sie die Stelle, wo der Körner angesetzt wird und die Bohrung durchgeführt wird. Mit dem Zollstock finden Sie die richtige Stelle zum Markieren.

Wenn Sie gebohrt haben und das Bohrloch hinterher nicht mit beispielsweise eine Schraube geschlossen wird (wobei es hier auch nicht schadet), sollten Sie eine Rundfeile parat haben, um den Grat abzufeilen und die Verletzungsgefahr zu minimieren. Außerdem sieht ein sauber gefeiltes Bohrloch deutlich schöner aus.

Schnittgeschwindigkeit – Drehzahl und Vorschub

Viele Handwerker bedenken alles eben genannte und machen dann einen Fehler bei der Schnittgeschwindigkeit. Hier gilt es aber sich an die Kennzahlen zu halten. Drehzahl und Vorschub stehen in Abhängigkeit zum gewählten Durchmesser des Bohrers und dem Werkstoff. Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Fachhändler (am besten uns :)) Es gibt für Bohrer und die Materialien eine Drehzahltabelle anhand dessen können Sie den passenden Wert ablesen.

Hier eine Formel: Schnittgeschwindigkeit = Durchmesser x pi x Umdrehungsgeschwindigkeit

Diese gilt aber nur für den Idealfall, welcher sehr theoretisch ist, also lieber die errechneten Werte halbieren, so ist man auf der sicheren Seite.

Hier einige Werte die zwar von der errechneten Theorie abweichen aber sich in der Praxis bewährt haben:

  • 1,5 mm Bohrdurchmesser: Drehzahl 1250 U/min Vorschub 0,1 mm/U
  • 3 mm Bohrdurchmesser: Drehzahl 800 U/min Vorschub 0,1 mm/U
  • 5 mm Bohrdurchmesser: Drehzahl 630 U/min
  • 6 mm Bohrdurchmesser: Drehzahl 710 U/min
  • 10 mm Bohrdurchmesser: Drehzahl 450 U/min

Sicherheitsempfehlungen beim Bohren in Edelstahl

  • Werkstück wirklich fest einspannen
  • Drehzahl der Bohrmaschine beachten
  • Schutzkleidung (Brille, ggf. Haarnetz)
  • keine Handschuhe tragen!
  • Schmuck ablegen

Harte Werkstoffe – schwierige Bohrung

Bei Bohrungen in besonders hartem Edelstahl ist das Schmieröl ein Pflichtelement! Auch das Ankörnen sollten Sie unbedingt durchführen, damit Sie auf keinen Fall abrutschen. Bohren Sie generell lieber mit geringem Vorschub und niedriger Bohrgeschwindigkeit. Vermeiden Sie ein Festhaken oder Verkanten im Bohrloch, da ansonsten der Bohrer abbrechen kann. Seien Sie beim Bohren in Edelstahl extrem vorsichtig, da jeder Fehler zu bösartigen Verletzungen führen kann.

Anleitung zum Bohren in Edelstahl

  1. Messen Sie die richtige Position für die Bohrung aus und markieren Sie die Stelle mit dem Marker.
  2. Nehmen Sie Hammer und Körner – halten Sie die Spitze Seite des Körners auf die Markierung und geben Sie einen kräftigen aber koordinierten Schlag auf die markierte Stelle. (Bitte nicht so kräftig, dass Sie das Werkstück beschädigen)
  3. Durch das Ankörnen ist eine Vertiefung an der markierten Stelle entstanden. Nehmen Sie nun die Bohrmaschine oder den Akkuschrauber und stellen die Drehzahl auf eine niedrige Stufe. Spannen Sie den Bohrer ins Futter und vergewissern Sie sich, dass er fest ist.
  4. Setzen Sie den Bohrer auf die Vertiefung und beginnen Sie mit dem Bohren. Halten Sie das Schneidöl parat und fügen Sie immer wieder in kleinen Mengen ein wenig dazu.
  5. Das Bohrloch ist fertig aber sieht noch ein wenig unsauber aus. Die scharfen Kanten am Bohrrand werden nun mit der Feile entgratet.
  6. Sie sind fertig, können Sie es glauben?
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3 Kommentare

  1. Peter Kermautz

    die Erklärungen sind „super“ Danke…

    Antworten
    • Steffen Rust

      Hallo Herr Kermautz,

      vielen Dank für das Lob 🙂

      Antworten
  2. Ulf B. Simon-Weidner

    Danke fürden Artikel. Kleine Anmerkung: inder Tabelle der Umdrehungszahlen sind wohl die Werte für 5 und 6 mm vertauscht, und über & mm hätte ich mich gefreut (aber werde es selber ausrechnen).

    Antworten

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